Teil 6 der Mr. Wash Unternehmensgeschichte

21.02.2024 / 6 min Lesezeit

Ende der 1970er-Jahre gab es neun Mr. Wash-Anlagen, zur Jahrtausendwende waren es 24. Besonders in den 90er-Jahren kommt der Ausbau des Standortnetzes richtig in Fahrt. Qualität setzt sich durch: Immer mehr Autofahrer fahren zu Mr. Wash – nicht zuletzt auch wegen des wachsenden Service-Angebots.

Von der Waschanlage zur Waschfabrik

Karl-Heinz Kasparek hat sich Ende der 70er-Jahre als Akquisiteur bei Mr. Wash gut eingearbeitet. Er ist ständig auf der Suche nach neuen Standorten. In der Bremer Stresemannstraße wird bereits an der jüngsten Anlage gebaut. In wenigen Monaten soll eröffnet werden. Kasparek ist in diesem Sommer des Jahres 1980 schon wieder auf Achse. Weitere attraktive Grundstücke will er finden, denn Mr. Wash soll wachsen.

Mit Stadtplan und zu Fuß

„Ich habe mir von den Städten zuerst mal einen Stadtplan besorgt und dann die größten Straßen herausgesucht“, erinnert sich der gelernte Mineralölkaufmann. „Die bin ich dann zu Fuß mehrfach abgelaufen, um passende Grundstücke zu finden. Zu Fuß sieht man am meisten.“

Filetgrundstücke in Premiumlagen

Die sprichwörtliche Spreu vom Weizen trennt Kasparek schnell. Er sucht nicht irgendein Grundstück, er sucht Filetgrundstücke in Premiumlage. Nur dort will das Unternehmen neue Waschstraßen und Tankstellen bauen. „Die Zufahrt muss so gelegen sein, dass man quasi in die Waschanlage reinfällt“, bringt der ehemalige Leiter der Grundstücksabteilung ein Hauptkriterium auf den Punkt.

Für Wohl oder Wehe der Standorte sind Verkehrsströme entscheidend. Nur wo auch viele Autos fahren und der Weg in die Waschanlage schnell und reibungslos funktioniert, darf eine neue Niederlassung entstehen.

Stadtauswärts ist besser

Kasparek: „Der optimale Standort steht bei Mr. Wash immer an erster Stelle.“ Das geht bis zur Frage der richtigen Straßenseite. „Stadtauswärts ist besser“. Kunden bringen ihre Autos nicht auf dem Weg zur Arbeit, sondern auf der Heimfahrt in die Waschanlage. Erfahrungswerte. Köln steht in dieser Zeit ganz oben auf dem Akquise Plan. Die Rheinmetropole bietet mit knapp einer Million Einwohnern beste Voraussetzungen für den erfolgreichen Betrieb von Waschstraßen. Dass täglich Hunderttausende zur Arbeit in die Stadt einpendeln, macht Köln für Mr. Wash zusätzlich attraktiv. Und so geht Kasparek hier auf die Suche. Fündig wird er schließlich in der Aachener Straße. „Ein erstklassiges Grundstück ganz in der Nähe des Müngersdorfer Stadions“, erzählt er. Den Besitzer ermittelt er über das Katasteramt. Er lebt im Ausland.

Manche Träume platzen

Auch Dr. Joseph Enning ist von dem Areal westlich der Kölner Innenstadt begeistert. Zusammen sehen sich beide das Gelände an. Kurz darauf sucht Mr. Wash Kontakt zum Eigentümer – allerdings vergeblich. Es bleibt nicht nur bei einem Versuch: Mehrfach schreibt Kasparek den Besitzer an seinem Wohnort im Ausland an. „Der Mann hat nie reagiert“, stellt er noch heute bedauernd fest. Auch Enning fällt es nicht leicht, sich vom Standort Aachener Straße zu verabschieden. Noch jahrelang wird immer wieder über dieses „Traumgrundstück“ gesprochen.

Aus Neuland wird Neubau

Die Alternative wartet im Raderthal, südlich des Kölner Stadtzentrums. Hier hat der Grundstückssucher bereits Ende der 70er-Jahre ein gut geeignetes Gelände entdeckt: Raderthalgürtel / Ecke Brühler Straße. Allerdings ist es auch hier nicht so einfach. Inzwischen wurde das Baurecht für Waschanlagen geändert. Diese unterliegen nun dem Immissionsschutzgesetz und darum muss jeweils eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Das ist völliges Neuland für Mr. Wash, die beauftragten Gutachter und die prüfende Behörde. Über Jahre zieht sich das Verfahren hin. Inzwischen wird am 24. Oktober 1980 in der Bremer Stresemannstraße die inzwischen zehnte Anlage von Mr. Wash eröffnet. Das Ringen um einen guten Standort in Köln geht derweil weiter. „Ich habe den Vermieter des Grundstücks zu Behördenterminen häufig mitgenommen“, erinnert sich Kasparek. Seine Annahme: Ein Kölner Bürger würde möglicherweise in den Kölner Ämtern mehr Gehör finden als ein Waschanlagenbetreiber aus Düsseldorf. Als endlich der Weg frei ist, muss mit dem Vermieter nochmals verhandelt werden. Dr. Joseph Enning möchte nun nicht mehr mieten, er möchte kaufen. Neue Gespräche. Schließlich die Einigung. Für die Standortentwicklung bei Mr. Wash müssen manchmal sehr dicke Bretter gebohrt werden. „Die Eröffnung der Anlage wurde zünftig gefeiert, auch weil es so lange gedauert hatte“, erzählt Kasparek über den 11. Oktober 1982. Die Gäste dürfen mit Autos kostenlos die Anlage testen.

Es war nochmal Amerika

Mit der Inbetriebnahme der Anlage am Raderthalgürtel folgt eine Phase der Konsolidierung. Dies liegt nicht an mangelnder Tatkraft, sondern schlicht an Abwesenheit: Joseph Enning widmet sich in dieser Zeit dem Aufbau einer Waschstraßenkette in Amerika. Mit Hilfe der in Deutschland perfektionierten Technik gelingt es ihm, in nur wenigen Jahren mehr als zehn Betriebe unter dem Namen „Hot Springs“ aufzubauen. Doch Mr. Wash leidet unter Ennings Abwesenheit, und so entscheidet er sich schließlich für sein liebstes Kind: Mr. Wash.

Zwei Waschbänder – doppelt gut

Als Dr. Enning schließlich am 3. Juni 1986 wieder Vorstand wird, wirkt dies nahezu wie eine Initialzündung. Ein halbes Jahr später eröffnet die neue Niederlassung in der Mainzer Straße in Wiesbaden. „Ein erstklassiger Standort“, erinnert sich Kasparek. Als er das Areal Jahre zuvor entdeckte, stand dort noch das Gebäude einer stillgelegten Brauerei. „Die Sudkessel standen noch drin“, erzählt der Grundstücksakquisiteur.

Hier in Wiesbaden baut Mr. Wash etwas Unerhörtes. Die ganze Waschstraßenbranche auf beiden Seiten des Atlantiks schüttelt die Köpfe. So etwas hat es noch nie gegeben: zwei Waschstraßen nebeneinander. Bereits gut vier Monate nach Wiesbaden wird nach dem gleichen Muster die Anlage in München eröffnet. Beide sind mehr als bloß zusätzliche Standorte.

Autowaschfabrik statt Waschanlage

Sie markieren eine bedeutende Weichenstellung: Die Ära der relativ kleinen Anlagen mit Waschtunnel, Kundengang und einem Förderband ist zu Ende. Das Zeitalter der „Autowaschfabrik“ hat begonnen. So nennt Dr. Joseph Enning selbst die neuen Waschstraßen. Die Kunden bleiben nun in ihren Fahrzeugen sitzen. Die Autos werden nicht mehr bloß auf einem, sondern auf zwei Förderbändern bewegt. Doppelte Kapazität.

„Bei allen in der Branche stieß das auf Unverständnis“, erinnert sich Richard Enning. Wozu braucht man zwei Bänder? „Mein Vater war immer ein Verfechter großer Kapazitäten“, stellt der Sohn fest. Die Kunden schnell und mit bester Qualität zufrieden zu stellen: Das sei von Beginn das Ziel Dr. Joseph Ennings gewesen. Keine langen Wartezeiten, sondern zügige Abfertigung – darauf legt Mr. Wash seit jeher größten Wert. Große Kapazitäten machen dies möglich – auch bei großem Andrang. Mit dem Konzept der Autowaschfabrik setzt das Unternehmen genau hier deutliche Akzente.

Zwölf neue Anlagen in acht Jahren

Natürlich brauchen diese Waschfabriken mehr Platz. Karl-Heinz Kasparek muss dies zusätzlich ins Kalkül ziehen bei seiner Suche nach neuen Standorten. Der Leiter der Grundstücksabteilung hat ab Ende der 80er-Jahre alle Hände voll zu tun. Alle Zeichen stehen auf Expansion. Zwölf neue Anlagen werden in den nächsten acht Jahren entstehen.

Wenige Monate vor dem Fall der Berliner Mauer öffnet am 30. Mai 1989 die Waschstraße am Melatengürtel im Kölner Stadtteil Ehrenfeld. „Es ist das einzige Grundstück, das ich mit Hilfe eines Maklers gefunden habe“, erinnert sich Kasparek. Als mögliches Objekt für Mr. Wash sei das Areal auf den ersten Blick gar nicht zu erkennen gewesen. „Früher war da ein Stahlhandel drauf. Die Kräne standen noch.“ Die Fläche steht zum Verkauf. Sie gehört dem Vater des insolventen Stahlhändlers. Und sie ist mit 5.000 Quadratmetern groß genug für eine Waschfabrik. Kasparek: „Ein erstklassiges Grundstück!“

So richtig in Fahrt…

Richard Enning steigt 1991 in die Geschäftsleitung ein und wird fünf Jahre später stellvertretendes Vorstandsmitglied. Jetzt gewinnt der Ausbau des Niederlassungsnetzes immer mehr an Fahrt. 1992 werden binnen vier Monaten die Anlagen in Ludwigshafen und Bochum eröffnet. Im Februar 1993 der Standort in der Mannheimer Lechstraße und im Sommer desselben Jahres die Niederlassung in der Gladbecker Straße in Essen. Im Mai 1994 kommt die Waschstraße in Kiel hinzu. Im Jahr darauf werden zwei neue Anlagen eröffnet: in Kassel und in der Hamburger Eiffestraße.

Das Standortnetz wächst weiter. Im Mai 1996 ist Eröffnung in der Ziegelstraße in Bielefeld, im August in Frankfurt. Die Mainmetropole markiert eine erneute Zäsur: In der Hanauer Landstraße können Autos auf vier parallellaufenden Förderbändern gewaschen werden. Kapazität satt, für zigtausende Fahrzeuge täglich. Doch schnell wird klar: hier sind Überkapazitäten entstanden, die Grenzen des Sinnvollen überschritten.

„Nur selten waren alle Bänder gleichzeitig in Betrieb“, stellt Richard Enning rückblickend fest.

In Frankfurt wird zurückgebaut. Die nächste Anlage in der Stresemannstraße in Hamburg hat zwei Förderbänder. „Das doppelte Band hat sich sehr gut bewährt“, resümiert Mr. Wash-Chef Richard Enning. Auch bei größerem Andrang müssen die Kunden nicht lange anstehen. Und wenn etwas weniger zu tun ist, kann der Betrieb mit einem Förderband laufen, während am anderen Band Wartungsarbeiten möglich sind. Enning: „Das Konzept ist optimal.“

Am 25. Juli 1997 wird die neu errichtete Niederlassung in der Hamburger Stresemannstraße in Betrieb genommen. Es ist die letzte Eröffnung vor der Jahrtausendwende. Im Jahr 2000 wird Mr. Wash in eine neue Phase der Unternehmensgeschichte eintreten: Zur Autowaschfabrik kommen noch weitere Dienstleistungen. Es beginnt das Zeitalter der Multi-Profit-Center.

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